Was es mit den Lost Places in Chiang Mai auf sich hält

Kürzlich waren wir für einige Wochen in Chiang Mai in Thailand. Wie jedes Jahr, hatte Annika auch dieses Jahr wieder am 4. Februar Geburtstag. Da sie letztes Jahr nicht sehr glücklich war, überlegte ich mir für dieses Jahr ein paar besondere Aktivitäten um ihren Geburtstag unvergesslich zu machen. Dazu sollten auch Besuche verschiedener Lost Places in Chiang Mai zählen. Auf unserem YouTube Kanal gibt es dazu übrigens das passende Video zu diesem Beitrag:

Was ist ein Lost Place

Für alle unter euch, die noch nie etwas von Lost Places gehört haben, hier eine kleine Erklärung. Ein “Lost Place” ist einfach gesagt ein verlassener Ort. Üblicherweise handelt es sich dabei um noch nicht ganz so alte, sprich um nicht historische Gebäude oder solche, die historisch kein großes Interesse wecken.

So gelten z. B. verlassene Hotels, Industriekomplexe aber auch Militärgelände oder Bunker im Volksmund als Lost Place. Der Grund, warum ein Gelände verlassen wurde spielt dabei keine Rolle. Egal ob U-Bahn Tunnel und Stationen die einfach nicht mehr benutzt werden weil es neuere, modernere Alternativen gibt, Bürogebäude, die nie fertig gestellt wurden, weil der Bauherr pleite ging oder die atomverseuchte Gegen um Tschernobyl, welche schlichtweg zu gefährlich zum Leben ist, sie alle verdienen die Bezeichnung Lost Place.

Lost Places sind verlorene, verlassene oder aufgegebene Orte, die uninteressant geworden und in Vergessenheit geraten sind. Nun ja, zumindest uninteressant für den Großteil der Bevölkerung, denn dann gibt es immer noch Leute wie Annika und mich und viele andere Entdecker, die Gefallen daran haben sich in heruntergekommenen Gebäuden auszutoben.

DISCLAIMER

Bevor du jetzt selber los rennst um Lost Places zu finden sei dir bitte ein paar Dingen bewusst: nur weil etwas herunter gekommen ist, heißt das nicht, dass es niemandem mehr gehört. Es kann illegal und außerdem auch sehr gefährlich sein in Ruinen herum zu turnen. Deshalb erfolgt das Erkunden von Lost Places immer auf eigene Gefahr. Bitte beachte die lokalen Gesetze und respektiere private Besitztümer.

Außerdem finde ich persönlich blinden Vandalismus nicht Okay, weswegen sich meine Erkundungstouren stets aufs Anschauen beschränken. Vom Demolieren und Zerstören halte ich nicht viel, tue es nicht und würde mir wünschen, dass auch andere davon absehen. Schließlich wollen die Entdecker nach dir auch noch was von den verlassenen Orten haben. 😉

Warum üben Lost Places so eine magische Anziehung auf uns aus

Auf uns üben Lost Places schon eine ganze Weile eine Art magische Anziehung aus. Ich erinnere mich an einzelne Tage meiner Kindheit, an denen mein Vater mit mir im Wald spazieren ging und wir an vermoosten Höhlen und Ruinen vorbei kamen. Oft erfand er dazu Gruselgeschichten und irgendwie fand ich es immer total faszinierend, dass hier, mitten im Wald, vielleicht wirklich einmal Menschen gelebt haben sollen.

Als ich etwas älter wurde ging ich oft mit Freunden die Wälder meiner Heimat unsicher machen. Dabei entdeckten wir den ein oder anderen Bunker und wir trieben uns auch auf verlassenen Zug Depots und Um- bzw. Beladestationen herum.

Das Kind sein ging vorbei und später, als ich mir Annika zusammen kam, schauten wir gelegentlich Reportagen über Tschernobyl und andere verlassene Orte und hegte dabei stets den Wunsch, die gezeigten Gebäude mit eigenen Augen zu sehen, den vermoderten Geruch wahrzunehmen und mit Kamera und Taschenlampe bewaffnet selbst der Ersteller der Bilder zu sein, die uns im Bildschirm gezeigt wurden.

Es ist wie eine Entdeckungsreise. Man fühlt sich wieder wie ein Kind, das denkt, es wäre der Erste der Jemals diesen Ort gesehen hat. Gerade in unserer hektischen modernen Welt, in der so gut wie jeder Flecken kartiert, und erschlossen ist, hat es einen besonderen Reiz dort hin zu gehen, wo sonst niemand ist. Orte für die sich sonst niemand interessiert. Für mich ist es das Abenteuers, die möglichen Gefahren und der Nervenkitzel vielleicht etwas verbotenes zu tun und erwischt zu werden.

Bisherige Erfahrungen mit Lost Places

Haben wir vor unserer Reise zwar schon oft davon fantasiert, einmal eine (geführte) Reise nach Tschernobyl zu unternehmen, so haben wir in Deutschland eigentlich nie den Drang verspürt tatsächlich raus zu gehen und Lost Places zu entdecken.

Flops in Australien

Als wir jedoch zuletzt 10 Monate in Australien lebten und uns zunehmend langweilig vom Alltag wurde, recherchierten wir etwas und fanden einige Lost Places in Perth und Umgebung. Leide hatten wir mit diesen vornehmlich Pech. Die verlassene Fremantle Power Station war mittlerweile rund um die Uhr bewacht, nachdem ein paar Monate zuvor jemand vom Dach in den Tod stürzte.

Auch eine Irrenanstalt, die wir in der Nähe gefunden hatten und welche vielversprechend aussah, enttäuschte. Sie wurde renoviert und war ringsherum mit gleich zwei Bauzäunen umstellt, kameraüberwacht und von Wachmännern beaufsichtigt. Der Bauleiter verriet mir, dass der Besitzer nicht mehr wollte, dass Leute eindringen und “Fotos auf Facebook posten”. Wären wir nur ein paar Monate früher gekommen, wäre die Renovierung noch nicht in Gange gewesen. Naja, sei es drum.

Einen kleinen Erfolg konnten wir in Australien jedoch vermelden. Mit einem Freund fuhren wir auf dem Weg zu den Pinnacles zum Neptune, welcher über einem verlassenen Wasserpark thront. Die Neptune Statue steht noch, die Becken sind jedoch alle zugeschüttet und die Vegetation hat sich das Gelände zurück geholt.

Flops in Thailand

Nach unserer Abreise aus Australien wollten wir in Bangkok zwei Lost Places erkunden, scheiterten jedoch auch hier an den Wachmännern. Nahe der Khao San Road gibt es ein Einkaufszentrum, in dem mal Fische lebten. Diese wurden jedoch mittlerweile entfernt und auch der Ghost Tower wird nur noch zu Reklamezwecken genutzt. In Flugzeugfriedhof wurden wir ebenfalls nicht rein gelassen.

Die Fotos oben entstanden alle von außerhalb der jeweiligen Orte. Vielleicht kommt man mit viel Glück, Geschick und einem leichtem Fuß oder aber mit einem besseren Bestechungsgeld als wir es bieten konnten doch herein, wir jedoch wurden immer entdeckt und weg geschickt. Nun ja, zwei Europäer mit Kameras in den Händen, die übers Gelände schleichen und einen Eingang suchen, sind vielleicht einfach zu auffällig.

Lost Places in Chiang Mai

An Annikas Geburtstag sollten wir jedoch endlich das große Lost-Places-Los ziehen. Als wir ein paar Tage zuvor zum Grand Canyon in Chiang Mai fuhren, entdeckten wir vom Highway aus ein fast 20 stöckiges leerstehendes Gebäude, welches wir direkt auf unsere Todo Liste setzten.

Ein paar Tage später fuhren wir zum Buatong Wasserfall. Auch hier sahen wir von der Straße aus ein großes, heruntergekommenes Gebäude, welches sofort unser Interesse weckte und auf der “Das müssen wir uns auf jeden Fall noch anschauen so lange wir hier sind”-List landete.

Lost Place Drei entdeckten wir, als wir nach dem Rundflug über Chiang Mai im Landeanflug auf den kleinen Flugplatz waren. Ich nahm es gar nicht wirklich als Lost Place wahr, sondern lediglich als Hotel. Aufgrund seiner enormen Größe stach es deutlich aus der Umgebung hervor. Annika sprang jedoch der von Algen grün gefärbte Pool ins Auge. So beschlossen wir unmittelbar nach der Landung dem Ort einen Besuch abzustatten.

Das verlassene Hotel außerhalb der Stadt

Nachdem wir wieder sicher gelandet waren, schwangen wir uns also auf den Roller und fuhren ohne wirklich zu wissen wohin wir mussten, einfach auf gut Glück los. Glücklicherweise habe ich sowas wie einen siebten Sinn für Orientierung. Ich weiß, das hört sich sehr angeberisch an aber mir reicht eine grobe Himmelsrichtung und dann finde ich schon irgendwie mein Ziel.

Und tatsächlich, nach rund 10 Minuten Fahrt sahen wir tatsächlich das Hotel und wie Annika richtig vermutete, war es verlassen. Wir überlegten, wie wir am besten herein kommen könnten doch während wir noch überlegten, tauchte die völlig verlassene Einfahrt vor uns auf und wir fuhren einfach auf den Hotelparkplatz, welcher schon vollständig von Schlingpflanzen bewuchert war.

Auf Nummer sicher gehen

Ich parkte den Roller hinter einem dichteren Busch, so dass man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte. Wir dachten uns, wir gehen lieber auf Nummer sicher. Wer weiß, das Hausfriedensbruch in Thailand kostet? Dann schlichen wir uns problemlos am Pool vorbei ins Hotel. Wir waren definitiv nicht die ersten hier aber es kann hier in den letzten Jahren auch nicht viel Betrieb geherrscht haben, denn im ganzen Erdgeschoss wucherten Pflanzen, wo früher einmal Gäste und Mitarbeiter herumwuselten.

Wir nahmen die Treppe um ein Stockwerk höher zu gelangen und uns die dortigen Zimmer anzuschauen. Hier und da hatte ein Vandale eine Toilette heraus gerissen und im Zimmer gegen die Wand geworfen, Fensterscheiben gab es keine mehr und die Decke war in vielen Räumen ebenfalls bereits herunter gekommen und lag auf dem Fußboden verteilt.

Die Reichen wohnen oben

Wir gingen ein paar Stockwerke höher und je weiter wir nach oben kamen, desto größer wurden die Zimmer. Einige von ihnen sahen trotz ihres Zustandes noch immer recht beeindruckend aus. Was mir auffiel war, dass so gut wie alles, was aus Metall war, entfernt wurde. Wahrscheinlich hatten sich Schrotthändler noch ein paar Dollar verdient.

Irgendwann landeten wir auf dem Dach und genossen eine Zeit lang die Aussicht, bevor wir auf der anderen Seite des Hotels wieder herunter gingen. Hier kamen wir dann in der Lobby an. Ich vermute, der riesige Raum daneben war ein Konferenz- oder der Speiseraum. Als wir genug gesehen hatten, gingen wir zurück zum Roller und fuhren zu Lost Place Nummer Zwei.

Das unfertige Einkaufszentrum im Norden Chiang Mais

Der nächste Lost Place des Tages war ein, so vermute ich zumindest, nie fertig gestelltes Einkaufszentrum oder aber ein Wohnkomplex. Der relativ große Platz vorm Gebäude hätte sich einfach perfekt für einen Parkplatz geeignet. Es gab aber auch eine große Vorhalle und in den oberen Stockwerken gab es etwas engere Flure.

Was es nun war – Shopping Mall oder Wohnhaus – wir werden es wohl nie erfahren aber das ist auch eigentlich egal. Wir parkten hinterm Haus, so dass man den Roller von der Straße aus nicht sehen konnte und kletterten von hinten ins Gebäude.

Hier gab es unzählige, unglaublich gut gemachte Graffitis zu bestaunen. Es war wie ein Museum der besten Graffitikünstler Chiang Mais. Wie schlenderten durch die leeren Hallen, knipsten Fotos und ich filmte was das Zeug hielt.

Das Gebäude hatte nur eine Hand voll Stockwerke und je höher man kam, desto schlechter wurden die Graffitis. Trotzdem war es eine coole Erfahrung und nachdem wir uns das höchste Stockwerk angesehen hatten und ein paar herumliegende Backsteine in den mit Wasser vollgelaufenen Fahrstuhlschacht geworfen hatten, beschlossen wir abzuziehen.

Der nie eröffnete Apartmentkomplex im Osten

Zur Feier des Tages aßen wir bei Beast Burger zu Mittag und setzten uns danach erneut auf den Roller um zum letzten Lost Place unserer Liste zu fahren. Wir wussten nicht mehr ganz genau wo er war und so fuhren wir einfach auf gut Glück los. So groß ist Chiang Mai auch nicht und es gibt nur ein paar Highways die in Frage kamen.

Beim ersten Versuch schon hatten wir Glück und sahen das Gebäude von der Straße aus. Leide gestaltete sich das Wenden als etwas schwieriger und so dauerte es nochmal eine gute halbe Stunde, bis wir uns von der anderen Seite der Straße heranpirschen konnten.

Und auf einmal waren wir drin

Während wir laut überlegten, wie wir wohl aufs Gelände kommen würden und ob wir dazu über einen Zaun klettern müssten, tauchte links vor uns eine Einfahrt auf, die aussah als wäre sie für Baufahrzeuge gemacht wurden. Ich ging in die Eisen und zog gleichzeitig den Lenker nach Links und in weniger als fünf Sekunden verschwanden wir durch den bewachsenen Eingang auf dem Gelände.

Den Roller parkten wir in der Eingangshalle des Komplexes – nun zumindest vermute ich, dass das einmal die Eingangshalle war oder werden sollte – und gingen schnurstracks auf die Treppe zu. Wir erklommen die rund 15 Stockwerke des Gebäudes und standen auf einmal vor einem Berg aus Trümmern und Müll.

Von oben nach unten

Auf dem Dach befand sich eine Runde, hmm nun ja, vielleicht war es mal eine Art Aussichtslounge? Ihr Boden war jedoch herab gestürzt und verteilte sich nun auf dem Fußboden. Wir kletterten über die Trümmer, genossen die Aussicht und erkundeten danach Stockwerk für Stockwerk von Oben herab.

Als wir schließlich wieder unten ankamen, gingen wir auf der hinteren Seite des Gebäudes heraus und begutachteten noch den Pool. Seitlich davon führte eine Treppe, die vollständig mit Trümmern bedeckt war, herunter in eine Art Zulieferzugang oder Parkhaus.

Von dort aus kletterten wir zurück zur Eingangshalle, wo uns ein Einheimischer entgegen kam. Für einen kurzen Moment rutschte uns das Herz in die Hose doch der Mann ging Wortlos an uns vorbei und nickte uns lediglich grüßend zu.

Wo finde ich die Lost Places in Chiang Mai?

Eigentlich findet man die Lost Places in Chiang Mai recht einfach. Man muss nur beim Herumfahren in der Stadt die Augen etwas offen halten. Okay, das Hotel liegt etwas außerhalb und wenn ich kann den Rundflug über die Reisfelder wirklich nur empfehlen. Am besten kombinierst du also beides miteinander, wenn du schonmal hier bist.

Auf der Karte unten habe ich dir trotzdem nochmal alle drei Orte verlinkt. So solltest du sie auf jeden Fall ganz einfach finden können:

Schlussworte

Wir lieben Lost Places einfach. Das Mysteriöse und der Reiz des verbotenen wirken einfach eine magische Anziehung auf Annika und mich aus. Nach den Flops in Australien und in Bangkok war es sehr aufbauend, endlich mal in Ruhe ein paar verlassene Orte zu erkunden.

Auch wenn es wahrscheinlich verboten ist in die herunter gekommenen Häuser einzusteigen, so juckte es in Chiang Mai jedoch niemanden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir vom ein oder anderen Einheimischen gesehen wurden, aber die interessiert das recht wenig.

Anders als anderswo gab es auch keine richtigen Zäune oder Schilder, die das Betreten verboten. Daher stehen die Chancen gut, dass auch du bei einem Besuch in Chiang Mai die Lost Places erkunden kannst. Falls du das tust oder vor hast es zu tun, so lass es mich doch in den Kommentaren wissen. Auch Lob, Kritik oder Sonstiges kannst du gerne unten los werden. 😉